Psychologe Gaissmaier: "Gute Entscheidungen fordern uns heraus"
Gute Entscheidungen zu treffen - das fordere viele Menschen heute besonders heaus, sagt Psychologe Wolfgang Gaissmaier in seinem Vortrag bei den Salzburger Hochschulwochen. Das wirke sich auf die Entscheidungsfähigkeit vieler aus und überfordere sie. Er unterscheidet solche, die wir aus dem Bauch heraus fällen von jenen, die wir im Kopf entscheiden. Er führt das auf die vernetzte Welt zurück, die Verbreitung von Unwahrheiten befördere.
Individuelle Einzelfälle und Behauptungen, die sich rasch verbreiten, zählen heute mehr als wissenschaftliche belegte Fakten; auch würden diese von den Betroffenen falsch interpretiert und führen oft zu falschen Entscheidungen. Besonders soziale Netzwerke verstärken seiner Meinung nach die Fehlwahrnehmung und verhindern eine notwendige Korrektur. Als Beispiel nennt er in seinem Vortrag eine impfkritische Website. Diese sammelt Fälle, die von einem Zusammenhang zwischen Impfen und Folgeerkrankungen ihrer Kinder berichten. Diese Websites erzeugen eine Kausalität, die es nicht gibt und viele würden daher den daruaf verbreiteten Wahrheiten glauben schenken, obwohl die Wissenschaft oft das Gegenteil behauptet.
Zwischen Kopf und Bauch
Mögliche Risiken sollten besser kommuniziert werden, fordert Wolfgang Gaissmaier; vor allem um daraus resultierende Fehlentscheidungen zu minimieren. Die Gesellschaft von heute soll Menschen aber unterstützen. Auch soziale intelligenz sowie die Kraft der Intuition sei von ihnen mehr denn gefordert, damit sie rationale und vernünftige Entscheidungen – auch aus dem Bauch heraus - treffen.
Gaissmaier spricht sich außerdem für eine bessere Vermittlung von Daten und Fakten aus, damit Interessierte wie Betroffene sie besser verstehen. „Wollen wir ein Problem darstellen, müssen wir es sichtbar machen“, ist der Wissenschafter überzeugt. Die Pille der dritten Generation verdoppele das Thromboserisiko, hieß es vor vielen Jahren. Viele Frauen in Großbritannien, die sie nahmen, waren verunsichert und setzten sie ab. Die Folge war, dass durch diese Nachricht die Zahl der Abtreibungen durch ungewollte Schwangerschaften stieg - auf zusätzliche 13.000 innerhalb eines kurzen Zeitraums. Auch die Herstellerhotlines liefen heiß. Das Thromboserisiko war aber nur unwesentlich höher. Dieses stieg statistisch nur von ein auf zwei Fälle bei 7.000 Frauen.
Die Anschläge auf das WTC am 9. September 2001 wirkten sich auch auf die Gewohnheiten vieler aus: Davor hieß es, dass Fliegen sicherer sei als das Autofahren. Aus Angst vor weiteren Anschlägen stiegen infolge viele US-Bürger erneut auf das Auto um. Der zusätzliche Verkehr führte zu mehr Staus und zu Unfällen. Über 1.600 Verkehrstote wurden in den USA zusätzlich registriert. Gaissmaier: „Das war ein Anschlag der Terroristen auf die Köpfe der Menschen.“
Autor: Christopher Erben