Jan Assmann tot: SHW-Obmann würdigt herausragenden Wissenschaftler
Konstanz/Salzburg, 20. Februar 2024 (SHW) Jan Assmann, Kulturwissenschaftler und Ägyptologe, ist tot. Er starb im Alter von 85 Jahren in Konstanz, wie der Beck Verlag am Dienstag mitteilte. Ein Schwerpunkt seiner Forschungen war das gesellschaftliche Leben im alten Ägypten - angefangen bei dem Zeitverständnis über die Vorstellung von Tod und Jenseits bis hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen und dem Gottesbild.
Maßstäbe setzten auch seine Arbeiten zur Entstehung des Monotheismus, dessen Anfänge er im Auszug der Israeliten aus Ägypten sieht. Gemeinsam mit seiner Frau Aleida entwickelte der Wissenschaftler den Begriff des kulturellen Gedächtnisses. Dabei geht es um die Frage, welche Faktoren zu Identitäts- und Bewusstseinsbildung menschlicher Kulturen und Gesellschaften beitragen.
Für sein Wirken erhielt das in Konstanz lebende Ehepaar zahlreiche Auszeichnungen. 2018 etwa wurden sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. Jan Assmann habe internationale Debatten um Grundfragen zu den kulturellen und religiösen Konflikten der heutigen Zeit angestoßen, hieß es damals zur Begründung. Mit seinen Schriften zum Zusammenhang von Religion und Gewalt sowie zur Genese von Intoleranz und absolutem Wahrheitsanspruch leiste er einen unverzichtbaren Beitrag zum Verständnis der Friedensbereitschaft und Friedensfähigkeit der Religionen.
Salzburger Hochschulwochen würdigen Assmann
Der Theologe und Obmann der Salzburger Hochschulwochen, Prof. Martin Dürnberger, würdigte Assmann in einer ersten Reaktion gegenüber Kathpress als herausragenden Wissenschaftler, der auch für die Theologie wertvolle Impulse geliefert hat. "Seine großen Arbeiten dazu, wie der Exodus- und der Bundesgedanke eine 'Revolution der Alten Welt' darstellten und die Geschichte Israels, gehören heute zur Standardlektüre nicht nur jedes Theologen - sondern eines jeden, der die eigene Geistesgeschichte verstehen will", so Dürnberger.
2016 waren Jan Assmann und seine Frau Aleida Assmann von den "Salzburger Hochschulwochen" mit dem renommierten "Theologischen Preis" für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden. Mit ihren Arbeiten zur Theorie und Geschichte des "kulturellen Gedächtnisses" haben die beiden Wissenschaftler einen wichtigen Beitrag auch zur "theologischen Theoriebildung" geleistet, hieß es damals in der Jury-Begründung. Eine Theologie, die das Bewusstsein für historische und kulturelle Zusammenhänge schärfen wolle, komme nicht umhin, "sich von diesen Arbeiten herauszufordern, zu informieren, zu inspirieren zu lassen".
Dürnberger erinnerte insbesondere an die Dankesworte von Jan und Aleida Assmann bei der Verleihung des "Theologischen Preises": "Ihr Plädoyer für eine Wiederentdeckung der Tradition der 'Menschenpflichten' ist aktueller denn je. Jan Assmanns Freilegung historischer Bezüge dieser Tradition bis hinein in ägyptische Quellen zeigte nicht nur seine Gelehrsamkeit, sondern seine bewundernswerte Fähigkeit, feine Verbindungen zwischen historischen Diskursen und zeitgenössischen Fragen zu knüpfen."
Dürnberger hob nun in einem Nachruf zudem Jan Assmanns Arbeiten zum Monotheismus hervor: "Assmanns Beiträge zur mosaischen Unterscheidung, zum Monotheismus der Treue, zum Monotheismus der Wahrheit haben theologische und religionsgeschichtliche Diskurse in den letzten Jahren mitbestimmt. Assmann erwies sich dabei nicht nur als gelehrt, sondern auch lernbereit - er markierte eigene Lernprozesse und entwickelte die eigene Position weiter."
Quelle: Kathpress