Zeilinger: "Konflikt Religion-Naturwissenschaft ist Scheinkonflikt"
Der Streit zwischen Naturwissenschaften und Religion ist nach den Worten von Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger ein "Scheinkonflikt". Wenn beide Seiten die Grenzen ihrer jeweiligen Disziplin einhielten, so könne man auch als Naturwissenschaftler durchaus sagen, man schöpfe aus beiden Quellen, sagte Zeilinger bei einem Vortrag am Sonntag in Salzburg. Er selbst staune immer wieder über die "Schönheit und Einfachheit" der Physik und der Naturgesetze. Zu diesem Staunen trage auch seine eigene Disziplin, die Quantenphysik bei, die alle Sicherheiten der Vorhersagbarkeit infrage stelle. "Die Zukunft ist viel offener, als wir glauben. Die Anmaßung der Machbarkeit der Welt ist oft nur der Beschränkung der eigenen Phantasie geschuldet", so Zeilinger.
Der Vortrag des Physik-Nobelpreisträgers bildete zugleich den Höhepunkt und Abschluss der heurigen Salzburger Hochschulwochen, die vom 31. Juli bis 6. August zum Thema "Reduktion! Warum wir mehr Weniger brauchen" stattgefunden haben. An dem Festakt in der voll besetzten Großen Aula der Universität Salzburg nahmen u.a. Erzbischof Franz Lackner, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Bischof Alois Schwarz, der Erzabt von St. Peter, Korbinian Birnbacher, sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Politik und Gesellschaft teil.
Vieles sei Zufall und entziehe sich der Vorhersage - darin liege nicht nur ein Kern von Freiheit, sondern es tröste ihn auch viel mehr als die Annahme, alles sei nur ein deterministischer Ablauf von Gesetzmäßigkeiten, so Zeilinger. Vielleicht, schloss Zeilinger seinen Vortrag, in dem er auch einen Appell für eine freigiebigere Förderung von Grundlagenforschung und die Förderung von Hochbegabungen an den Schulen aussprach, mit einem Zitat des französischen Schriftstellers Théophile Gautier (1811-1872), sei der Zufall nur "das Pseudonym Gottes, wenn er nicht selbst unterschreiben will."
Mehr als 800 Teilnehmer: Obmann zieht positiv-Bilanz
Zufrieden mit dem Verlauf der Hochschulwochen zeigte sich Obmann Prof. Martin Dürnberger. Mehr als 800 Studierende und Interessierte hatten heuer an den Veranstaltungen der Hochschulwochen teilgenommen. "Es war wohl genau die bewährte Mischung aus ernsthafter Auseinandersetzung und der Prise Unbeschwertheit, die auch heuer wieder so viele Menschen nach Salzburg gelockt hat", zeigte sich Dürnberger überzeugt. Es brauche auch zukünftig "Orte milden Wetters des Denkens und der Suchbewegungen" - Orte, wie die Hochschulwochen einen solchen darstellten. Dürnberger leitet die Hochschulwochen seit acht Jahren. Er wurde heuer für eine weitere Funktionsperiode von vier Jahren bestätigt.
"Wie fällt Ihre Bilanz zur SHW 2023 aus, Herr Obmann Dürnberger?"
Ein erstes, zaghaftes Bilanz-Gespräch zum Ende der Salzburger Hochschulwochen 2023.
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Grußworte sprachen zu Beginn auch Universitäts-Rektor Hendrik Lehnert und Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf. Lehnert würdige die Hochschulwochen dabei nicht nur als ein "Pionierprojekt" von Anfang an, sondern als wichtigen Ort des Nachdenkens und der "gelebten Interdisziplinarität". Pallauf erinnerte an die vielen zukunftsweisenden Themen, die die Hochschulwochen in den letzten Jahren aufgegriffen hätten und in denen "aus der Kraft des Denkens und Glaubens an einer guten Zukunft für alle gebaut" wurde.
Thema 2024: Fragiles Vertrauen
Der sichtlich vom Vortrag Zeilingers bewegte Salzburger Erzbischof Franz Lackner teilte abschließend mit, wie das Thema der Salzburger Hochschulwochen 2024 (29. Juli bis 4. August) lauten wird: "Fragiles Vertrauen. Über eine kostbare Ressource".
Text und Fotos: Dr. Henning Klingen