Publikumspreis 2023 an Freiburger Musikwissenschaftler verliehen
Der "Publikumspreis" der Salzburger Hochschulwochen geht heuer an den Freiburger Musikwissenschaftler Janik Hollaender. Der mit 1.000 Euro dotierte Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler wurde am Donnerstagnachmittag in Salzburg vergeben. Er ist nach dem "Theologischen Preis" die zweite Auszeichnung, die im Rahmen der Hochschulwochen vergeben wird. Würdigt der "Theologische Preis" ein Lebenswerk, so versteht sich der "Publikumspreis" als Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler der Jahrgänge 1988 und jünger.
Eine Fachjury hatte im Vorfeld aus den Einreichungen drei anonymisierte Vorträge ausgewählt. Die Zuhörer hatten dann die Möglichkeit, die Vorträge nach fachwissenschaftlicher Qualität, inhaltlicher Originalität sowie im Blick auf die kommunikative Transferleistung zu bewerten. Der mit 500 Euro dotierte zweite Preis ging an die Theologin Kathrin Ritzka; der mit 300 Euro dotierte dritte Preis ging an die Theologin Gabriela Wozniak.
Hollaender plädierte in seinem Vortrag, in dem er musikwissenschaftliche und theologische Beobachtungen verschränkte, dafür, "mit äußerster Vorsicht der Verlockung entgegenzutreten, kirchliches Wachstum durch die Verschränkung von religiöser und ästhetischer Erfahrung erzeugen zu wollen". Konkret machte Hollaender dies durch eine Analyse moderner, popmusikalisch gestalteter Songs in charismatischen Gemeinschaften bzw. im Bereich des Worship. Hier werde durch eine "Reduzierung musikalischer Formsprache auf den größtmöglichen Konsens westlicher Popmusik die Erfahrung von Unmittelbarkeit erzeugt".
Das aber stelle eine "Kommunikationsillusion" dar, insofern die Musik in diesen Gemeinschaften und im Worship als ein Medium begriffen werde, das eine unmittelbare Gotteserfahrung ermögliche. Dagegen votierte Hollaender dafür, durch größere Bescheidenheit und einen reduzierten Sendungsauftrag der Kirchen dazu beizutragen, dass Musik "wieder die Erfahrung von Freiheit ermöglichen" könnte.
Das menschliche Bedürfnis nach Trost angesichts überbordender Krisenerfahrungen stand im Fokus des Vortrags von Kathrin Ritzka. Trost werde allzu häufig missverstanden als Vertröstung, die lähmt. Selbst die Theologie habe Trost bislang nur vereinzelt in seiner ganzen Breite und auch Bedeutung in den Krisen der Gegenwart wahrgenommen, konstatierte Ritzka. Lernen könne man diesbezüglich aus der Gegenwartsliteratur, in der Trost in vielfältigen Variationen als Suchbewegung zur Sprache komme. Ein solcherart breiter und auf Hoffnung und Suche abzielender Begriff von Trost könne auch helfen, das "Reputationsproblem christlicher Trostangebote" zu lösen, zeigte sich Ritzka überzeugt, und ein "neues theologisches Nachdenken herausfordern und stimulieren."
Gabriela Wozniak verwies in ihrem Vortrag "Drei Spannungen - eine Lösung: Hans Urs von Balthasar neu gelesen" auf die bleibende Aktualität Hans Urs von Balthasars im Blick auf das Hochschulwochen-Thema der Reduktion. Laut Balthasar bestehe nämlich die Lösung von drei elementaren Spannungen der menschlichen Existenz (Leib und Seele; Mann und Frau; Individuum und Gesellschaft) in einer Reduktion in und durch Jesus Christus: "Die Reduktion Balthasars besteht darin, Christus als das Zentrum der Menschheitsgeschichte zu definieren." Eine solche Reduktion, so Wozniak abschließend, sei nicht nur passend, um "den heutigen Menschen aus dem Selbstkreis zu befreien", sondern auch, "um etwas Frische in die müde und doch ums Überleben kämpfende Theologie" zu bringen.
Biografische Notizen
Der Musikwissenschaftler Janik Hollaender wurde 1994 geboren. Er studierte Musikwissenschaft und Geschichte an der Universität Freiburg und ist dort seit 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Musikwissenschaftlichen Seminar. Neben der Musik forscht er außerdem zur Liturgie- und Frömmigkeitsgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, aber auch zur Musik in christlichen Gemeinschaften des 21. Jahrhunderts. Seit 2019 arbeitet er an einem Dissertationsprojekt zu Dramatisierungs- und Theatralisierungskonzepten in der italienischen Motettenpraxis des 15. Jahrhunderts.
Die Theologin Kathrin Ritzka wurde 1994 in Aachen geboren. Sie studierte Liberal Arts and Sciences, Theologie und Literaturwissenschaften in Freiburg, Cambridge und Berlin. Seit 2021 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Systematische Theologie des Zentralinstituts für Katholische Theologie der Humboldt-Universität zu Berlin tätig.
Die Theologin Gabriela Wozniak wurde 1992 in Warschau/Polen geboren. Sie studierte Katholische Theologie in Regensburg und Heiligenkreuz und promovierte anschließend an der Universität Wien. Derzeit arbeitet sie bei "Missio Österreich" und lehrt zudem an der Hochschule Heiligenkreuz. Außerdem habilitiert sie sich an der Universität Erfurt im Bereich der Fundamentaltheologie.
Text und Fotos: Dr. Henning Klingen