Hochschulwochen diskutierten über Zukunft der Theologie
Hat die akademische Theologie eine Zukunft - und wenn ja, welche? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion am Mittwoch in Salzburg. Dabei betonte der deutsche evangelische Theologe Thorsten Dietz, dass die Theologie noch nicht verinnerlicht habe, in welcher tiefen Glaubwürdigkeitskrise die Kirchen stehen und wie sich damit konstruktiv umgehen lasse. "Wir sind auf dem Weg in die Hölle der Relevanzlosigkeit". In dieser Situation müsse "Theologie an der Spitze von Religionskritik stehen, wenn sie diese Glaubwürdigkeitskrise ernst nehmen will", brachte er es auf den Punkt. Zur Gotteserkenntnis gehöre schließlich immer auch Selbst- und Sozialkritik, so Dietz bei der Veranstaltung, die im Rahmen der Salzburger Hochschulwochen stattfand.
Die Theologie, die unter anderem Nachwuchssorgen und wenig gesellschaftliche Resonanz plagen, werde in zehn Jahren nicht über den Berg sein, so Dietz: "Auf absehbare Zeit sollten wir die Erotik der Baustelle lieben lernen." Es werde immer unklarer, wofür und für wen Theologie sei. In der Krise lägen aber auch Chancen. So gebe es dann vielleicht "eine freie Christenheit, deren Platz nicht bestimmt ist durch sie selbst und auch nicht durch die Gesellschaft".
Nachdem sie über lange Zeit von weißen Männern geprägt worden sei, werde Theologie langsam diverser, sagte Dietz. Es brauche eine "spirituelle Befreiungstheologie als Mitte", die wahrnimmt, wen sie bisher aus ihren Gesprächen ausgeschlossen habe. Theologie müsse insofern spiritueller und politischer zugleich werden. Aktuell werde die "faszinierende Anziehungskraft" der Theologie jenen Gruppen überlassen, die den Glauben vereinseitigten und die restliche Welt als Feindbild sähen, kritisierte der Theologe. Zugleich warnte Dietz vor der "Relevanzfalle": Wenn Theologie und Kirche meinten, sich zu allen sozialen Fragen und Themen äußern zu müssen, würde dies ihre Relevanz nicht notwendig stärken, sondern vielleicht sogar zusätzlich schwächen - schlichtweg, weil sie damit in der Gefahr stehe, "sich selbst zu funktionalisieren".
Nach Worten der Salzburger katholischen Theologin Elisabeth Höftberger ist es gut, dass manche Theologien keine Zukunft hätten: Wenn sie etwa Missbrauch begünstigten, gegen die Menschenwürde gingen oder Personen abwerteten. Mit Blick auf die Zukunft sei es nicht hilfreich, so zu tun, als ob Theologie ein begehrtes Studienfach sei, erklärte sie. Die Rolle als Vermittlerin im universitären Diskurs müsse sie sich verdienen.
Theologen sollten Menschen sein, die tatsächlich Zuhörer des Wortes seien, sagte der Philosoph und Geschäftsführer des Herder Verlags, Simon Biallowons. Theologie dürfe durchaus populär sein und Menschen stärken und erbauen. "Man darf auch verstanden werden", sagte er mit Blick auf eine theologische Fachsprache. Insgesamt wünsche er sich, dass Theologie "agiler" werde und zu einem "Empowerment" beitrage - zu einer Stärkung der Menschen. Dazu brauche es u.a. "Leuchtfackeln" an den Fakultäten - kommunikativ geschulte und zugleich akademisch gebildete Theologinnen und Theologen, die den Weg in die Öffentlichkeit bewusst suchen.
Geleitet wurde die Podiumsdiskussion von der Theologin und Publizistin Johanna Beck.