Debatte über Zueinander von Synodalem Weg und Prozess
Salzburg, 05.08.2022
Wie verhalten sich der deutsche kirchliche Reformprozess "Synodaler Weg" und der von Papst Franziskus initiierte weltweite Synodale Prozess zueinander? Wollen beide letztlich das gleiche, so dass sie sich gegenseitig ergänzen und befruchten sollten, oder markiert der Synodale Prozess in Deutschland einen Sonderweg, der zurecht von Rom mit Sorge und gar Argwohn verfolgt wird?
Es war wohl kaum verwunderlich, dass Fragen wie diese auch bei den heurigen "Salzburger Hochschulwochen" kontrovers diskutiert wurden - noch dazu im Rahmen eines eigenen Diskussionsformats "Theologie synodal", bei dem drei verschiedene Expertinnen und Experten aufeinandertrafen: Der Salzburger zuständige Referent für den Synodalen Prozess in der Erzdiözese, Markus Welte, der Münsteraner Kirchenrechtler Prof. Thomas Schüller, sowie die deutsche Ordensfrau und Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, Katharina Ganz.
Welte plädierte dabei eindringlich für ein "wechselseitiges Voneinander-Lernen", und zwar vor allem deswegen, weil er es für wichtig halte, "dass diese beiden Wege nicht voneinander lassen". Der deutsche Synodale Weg sollte sich offener zeigen für die Kritik des Papstes, der Synoden als geistlichen Prozess des Aufeinander-Hörens bezeichnete - und nicht als "Sprechzimmer, Parlament oder Senat" erachtet. Als geistlicher Weg sei er auf ein gemeinschaftliches "Hören auf den Heiligen Geist" angewiesen - "übermäßige Dominanz intellektueller und theologischer Eliten" oder äußerer Druck würden dies jedoch verhindern.
Auf der anderen Seite wäre es laut Welte für den Synodalen Prozess auf weltkirchlicher Ebene "lohnenswert, noch einmal zu prüfen, wie der akademischen Theologie, aber auch anderen Wissenschaften eine gut hörbare Stimmen gegeben werden kann" - wie dies im deutschen Synodalen Weg geschehe.
Der deutsche Kirchenrechtler Prof. Thomas Schüller verwies darauf, dass beide Wege thematisch ähnlich gelagert seien und die Voten aus der Weltkirche zur Bischofssynode 2023 "ziemlich exakt die Themen bringen, die auch auf dem Synodalen Weg diskutiert werden". Die Themen des Synodalen Weges seien also "nicht Ausdruck eines dekadenten Westens, der vom Glauben abgefallen ist, sondern brennen weltweit vielen Frauen und Männern auf den Nägeln". Und auch wenn der Synodale Weg "rechtlich ein nullum" sei, insofern er niemanden verpflichte, entfalte er doch gute Argumente für Veränderungen, deren Dynamik "Rom fürchtet", die aber "nicht aufzuhalten ist".
Sorge um mangelnde Verbindlichkeit
Zugleich zog Schüller zum bisherigen Verlauf des Synodalen Weges eine gemischte Bilanz: Zum einen erinnerte er an den Ursprung in der MHG-Studie aus dem Jahr 2018, die klar strukturelle Ursachen für sexualisierte Gewalt in der Katholischen Kirche benannt hatte - und auf die der Synodale Weg nun zu antworten versuche. Er befürchte jedoch, dass es bei wichtigen Themen wie etwa der "Frauenfrage", der Frage des Zölibats oder der Änderung der katholischen Sexualmoral keine Mehrheitsvoten geben werde. Durch römische kritische Einwürfe seien die Mehrheiten unsicherer geworden - daran sehe man jedoch auch bereits die Schwäche des Synodalen Weges: seine mangelnde kirchenrechtliche Verbindlichkeit. "Es wäre wirklich besser gewesen, ein kirchenrechtlich verbindliches Plenarkonzil wie die Würzburger Synode oder aktuell die australische Kirche durchzuführen. Deren Beschlüsse binden nämlich alle Bischöfe."
Kritisch sah Schüller darüber hinaus den Plan der Errichtung eines Synodalen Rates auf Ebene der Bischofskonferenz. Besser wäre es, regelmäßig und wie vom Kodex gefordert alle 10 Jahre eine Diözesansynode abzuhalten, so der Kirchenrechtler. Ein Erfolg könnte der Synodale Weg trotz allem werden, wenn es ihm gelinge, Dinge durchzusetzen, die auch ohne Rom geändert werden könnten - etwa eine Veränderung im kirchlichen Arbeitsrecht, eine Reform der Missio-Ordnungen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer, die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit und die stärkere Einbindung der Gläubigen bei Bischofswahlen. "Kommen hier die 2/3-Mehrheiten der Bischöfe nicht zustand, würde dies ein herber Rückschlag sein".
Synodalen Weg auf Dauer stellen
Auch die Ordensfrau und Oberin der Oberzeller Franziskanerinnen, Sr. Katharina Ganz, widersprach einem gegenseitigen Ausspielen von deutschem Synodalen Weg und weltweitem Synodalen Prozess: Auch der Synodale Weg sei ein geistlicher Weg - die Teilnehmer würden dort "gemeinschaftlich Erfahrungen als pilgerndes Gottesvolk" machen. Daher sei es unzutreffend, von einem "deutschen Sonderweg" zu sprechen, so Ganz. Die mit diesem Begriff einhergehende Abwertung ignoriere schließlich auch die Dramatik und die "desaströse Situation, in die sich die Kirche selbst durch die massiven Verbrechen an Menschen und das systematische Vertuschen derselben manövriert hat" - und auf die der Synodale Weg antworten wolle.
Entsprechend erachte sie den deutschen Synodalen Weg als Erfolg und Vorbild für den Synodalen Prozess: "Das Prinzip der Synodalität, das der Papst für die gesamte Weltkirche einfordert, wird hier seit nunmehr zweieinhalb Jahren intensiv gelebt". Der Synodale Weg sollte daher laut Ganz "auf Dauer gestellt werden", um Änderungs- und Dialogprozesse beizubehalten.
Text: Dr. Henning Klingen